Chhaupadi – die unreinen Frauen oder das schmutzige Blut der Frauen während der Menstruation

Laut Weltbank brechen 10 bis 20 Prozent der Mädchen weltweit während ihrer Periode die Schule ab, weil ihnen der Zugang zu Menstruationshygiene und Artikel fehlt.
Das Chhaupadi Pratha ist eine der ältesten sozialen Traditionen, die immer noch in den ländlicheren Gebieten Nepals, insbesondere im Westen, bestehen. Obwohl der Brauch in Nepal bereits seit 2005 offiziell verboten ist und seit 2017 mit drei Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe von 3.000 Rupien (etwa 37 Euro) geahndet wird, leben viele Familien diese Tradition noch immer aus. Sie treibt die Angst, dass menstruierende Frauen und Mädchen “unrein” seien und ihren Familien “Unglück” bringen würden.[1]

Quelle: REUTERS

Wenn sie bluten, müssen sie raus in die Hütte. Weg, sodass man sie nicht sehen kann. Dass kein Unheil über die Familie bringen. Die Rede ist hier nicht von Blut, das aus einer Platzwunde strömt; es geht um das Blut, das in manchen Teilen der Welt als schlimm und schmutzig gilt – und zugleich geht es um das normalste Blut der Welt: das Blut der Frau, das Menstruationsblut. Wagt sich ein Mädchen oder eine Frau etwa in den ländlichen Gebieten im Westen Nepals, die Regelblutung zu bekommen, weist ihr ein uralter Brauch den Weg nach draußen, in einen meist winzigen Verschlag, in einen Kuhstall; die sogenannte Menstruationshütte. Bis die Blutung vorüber ist – was ja auch mal sechs Tage dauern kann – werden die Frauen aus und von ihren Familien verbannt, sie gelten als unrein. Die archaische Praktik heißt „Chhaupadi“ und besagt, dass weibliche Wesen während der Regel nicht berührt werden und nicht bei ihren Männern im Bett schlafen dürfen. Ganz einfach, weil sie unrein sind, weil sie schmutzig sind – und dem Aberglauben nach Pech über die Familie bringen könnten, etwa Naturkatastrophen, Missernten oder die Isolierung aus der Dorfgemeinschaft. Daher auch die Menstruationshütte, ganz egal, ob Sommer oder Winter. Ganz egal, ob zwölf Jahre alt oder 38. Nicht nur die Kälte ist eine Bedrohung, es sind auch die giftigen Schlangen und die Männer, die nachts in die Verschläge eindringen und die Frauen vergewaltigen. Chhaupadi – in seiner strengsten Form bedeutet das den Ausschluss der menstruierenden Frau aus dem Leben. Der Tradition nach dürfen sie nicht in die Schule gehen, nicht das Haus betreten, nicht kochen, keine Milch trinken, keine öffentlichen Brunnen benutzen, keine Tiere oder Pflanzen berühren und auch nicht an Festen oder religiösen Zeremonien teilnehmen. Wie streng diese Regeln jeweils eingehalten und praktiziert werden, ist je nach Dorfgemeinschaft und Familie unterschiedlich.[2] Mit der Ausnahme einiger, weniger städtischer Gegenden dürfen menstruierende Frauen niemanden berühren oder die Küche betreten. Frauen sprechen nicht über Chhaupadi und leiden im Stillen unter dieser Menschenrechtsverletzung.


[1] Vgl. Nepal sagt Menstruationshütten den Kampf an, in: https://www.globalcitizen.org/de/content/nepal-chhaupadi-period-huts-punishment-laws/

[2]   Vgl. Weil sie eine Frau ist, in: https://www.sueddeutsche.de/panorama/nepal-weil-sie-eine-frau-ist-1.3304437