Newsletter 2019

WARE Mädchen – Fridays for Future – Plastiflaschen statt Schulgeld

Seit 2016 haben mein Mann Heinz und ich drei Schulen für Kinder der untersten Kasten (80% davon sind Mädchen) aufgebaut und wir versuchen seither, mit Bildung die Mädchen vor dem Verkauf in Bordelle zu schützen und ihnen durch Bildung eine lebenswerte Zukunft zu bieten. Wir nennen das die „stille Revolution der Mädchen“. Gebildete Frauen geben Bildung an ihre Töchter weiter. Somit kommt es zu einem Dominoeffekt und zu einer verbesserten Lebenssituation der unteren Kasten.


“Girl trafficking is one of the most prevalent and critical problems of Nepal. It has spread rapidly in remote areas where people are uneducated, ignorant and poor. There are countless girls in Nepal who are facing trafficking. It is increasing day by day. They are trafficked and left at the brothel where they are compelled to act as prostitutes. Traffickers in Nepal mostly sell the girls in India. Estimated 20,000 girls are sold every year. From rural areas, illiterate girls, who are suffering from poverty, are brought to cities by brokers who act like they have good jobs for them. The girls who are sold in prostitution houses come back to Nepal being HIV infected. They pass on HIV to other youths in Nepal. Some girls who are victimized and infected with HIV are sent back to Nepal empty handed. They are not accepted by their family or society. They are ignored and hated.”[1]

FRIDAYS FOR FUTURE: In Nepal herrscht ein enormes Müllproblem, besonders Plastik wird achtlos überall weggeworfen bzw. dienen Plastikflaschen als Heizmaterial für die Kastenlosen. In den Städten gibt es jeden Tag Smog und fast täglich wird die Warnstufe ROT ausgerufen (Belastungswerte führen zu schweren gesundheitlichen Problemen). Nach langen Bemühungen haben wir es geschafft, zwei Firmen zu finden, die unsere Schulen ökologisch unterstützen und ein wenig zum Umdenken in der Gesellschaft führen sollen.  Von einer Firma haben wir Solarpanels bekommen, die seit Jänner 2019 Warmwasser für unsere Slumschule aufbereiten. Weiters werden derzeit zehn Plastik-Shreddermaschinen in Oberösterreich produziert. Wir werden diese Maschinen in unseren Schulen aufstellen. Unsere Schüler bekommen die Aufgabe, Plastikmüll zu sammeln und diesen in die Schulen zu bringen. Dort werden Mütter aus den Slums bzw. im Gefängnis angestellt, die das Plastik mit unseren Maschinen shreddern. Das Shreddermaterial wird nach Indien verkauft, wo bereits eine große Nachfrage besteht. Statt Schulgeld zu bezahlen, sammeln die Kids Plastikmüll.

Unsere Projekte in Nepal seit 2016…

Landwirtschaftsschule in Pokhara (Bambusschule): ca. 550 Kinder (80% Mädchen) haben nun die Möglichkeit, diese Schule zu besuchen. Diese Schule konnten wir mittlerweile in die Unabhängigkeit entlassen. Durch das Schulgeld von 1 Dollar pro Monat können nun die Lehrpersonen bezahlt werden.

Prisonschool in Birgunj: In dieser Schule haben wir mittlerweile ca. 50 Kinder von Gefängnismüttern untergebracht.  Diese verbüßen in einem der schlimmsten Gefängnisse ihre Strafe. Das Highlight für diese Kinder ist unsere Schule, wo sie dieser Tristesse und der Gewalt des Gefängnisses für 8 Stunden entkommen können. Weiters haben wir ca. 100 Kinder, die mit ihren Eltern (meistens Müttern) auf der Straße oder in Wellblechhütten wohnen, in unsere Gefängnisschule geholt und schützen sie dadurch vor Verkauf oder Entführung . Die Schule steht im Areal des Gefängnisses. Birgunj liegt direkt an der indischen Grenze und íst ein Hotspot des Menschenhandels. Das ist auch der Grund, warum wir dort unsere zwei Schulen aufgebaut haben.

Schüler und Schülerinnen der Prisonschool

Slumschool in Birgunj: Diese Schule wurde im Jänner 2019 errichtet und steht in einem Slum für kastenlose Menschen. Mittlerweile haben wir dort ca. 25 Kinder im Kindergartenalter und 30 Kinder in der 1. Klasse. Im April 2020 eröffnen wir die 2. Klasse – weitere 30 Kinder bekommen die Möglichkeit eines Schulbesuchs. Unsere Slumkinder bekommen in der Schule Bildung, Essen, Medizin und Uniformen und ihr eigenes Paar Schuhe. Wir nehmen hier 80% Mädchen auf, weil diese am meisten gefährdet sind, dass sie aufgrund der Armut von ihren Eltern an Mädchenhändler in die Prostitution nach Indien verkauft werden. Auch hier haben wir die Aufgabe, diese Kinder vor der Gewalt in den Familien zu schützen. Der Großteil unserer Mädchen hat bereits Erfahrungen mit Vergewaltigung innerhalb der Familie gemacht. In diese Schule holen wir uns auch die Mütter der Kinder 1x pro Monat und geben ihnen die Möglichkeit, bei uns Hygieneartikel abzuholen und sich bei uns zu waschen. Die Mütter sind alle Analphabetinnen.

Direktorin Anamika mit ihren fleißigen Schulkinder in der Slumschool

Lepradorf (ganz in der Nähe der Slumschool): Mit 140 Einwohnern (30 davon sind Kinder). Was wir dort gesehen und erlebt haben, kann und möchte ich nicht beschreiben – dafür gibt es keine Worte. Die einzige Hilfe für diese Leute, die aufgrund ihrer Lepraerkrankung in einem Ghetto leben müssen, sind unsere Zuwendungen einmal im Monat in Form von Hygieneartikel, Kleidung und Schuhen.

Als Godparents sind wir jeden Monat für alles zuständig, angefangen von Schulbüchern, warmen Mahlzeiten, Uniformen, Schuhen, Lehrergehältern, Medikation. Die Mädchen stellen durch ihre Schulbildung einen Mehrwert für die Eltern dar und bilden somit die Altersversorgung. Jedes Mädchen, das wir vor Kinderhandel bewahren können, stellt einen großen Erfolg für uns dar. Weiters ziehen wir die Mütter der Kinder in unser Bildungsprogramm mit ein, indem wir sie über die Methoden der Kinderhändler aufklären. Außerdem bieten wir ihnen die Möglichkeit, in unserer Slumschule zu duschen. Sie bekommen Hygieneartikel, Seife, Shampoo, Zahnbürste. Nach langen Verhandlungen haben wir es nun geschafft, dass die Gefängnismütter seit Dezember 2019 jeden Monat Binden und Hygienartikel ausgehändigt bekommen. Auch einen Arzt und Medikamente stellen wir den Frauen bereit. Sie und ihre Kinder werden im Gefängnis oftmals misshandelt bzw. vergewaltigt. Der Großteil der Kinder in unserer Gefängnisschule (ca. 165 Kinder) und in unserer Slumschule (derzeit 56 Kinder) ist bereits sexuell missbraucht worden. Wir versuchen, die Kinder aufzuklären und ihnen durch ganztägigen Schulbesuch Schutz zu bieten. Die Abtreibungsrate ist in Nepal bei den Frauen der unteren Kasten sehr hoch. Da sie sich diese nicht leisten können, führen sie diese selbst durch und sterben oft an den Folgen. Die Frauen wurden nie aufgeklärt – auch das machen wir in unserer Slumschule. Vorträge zur Empfängnisregelung werden von unseren Voluntärinnen abgehalten. Seit Jänner 2019 arbeiten regelmäßig Mädchen (Studentinnen) aus Österreich in der Gefängnis- und Slumschule.

NAMASTE!
Brigitte und Heinz


[1] Cf. Trafficking of Girls in Nepal (24.4.2019) in https://www.childrenrescuemission.org/trafficking-of-girls-in-nepal/ Zugriff im Dezember 2019